Westerhof Rutschung
Hohes geotechnisches Risiko

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Hintergrund
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Fachgeologisches Gutachten: Tiefreichende Westerhof-Rutschung gefährdet Hangstabilität
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Keine Sicherheiten
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Maßnahmen-Paket gefordert
1. Hintergrund
Erst in 2023 hat die Stadt Tegernsee ein Sturzflut-Risiko-Management medienwirksam auf den Weg gebracht, allein:
Das mit Abstand größte aller Hangrutsch-Risiken hat die Stadt selbst geschaffen: den Bebauungsplan Nr. 52, Westerhof.
- Der geplante Hotel-Koloss am natursensitiven Neureuth-Berg wird massiv in den geologischen Untergrund des steilen Hangs eingreifen.
- Trotz der drastischen Eingriffe in Landschaft & Natur und unter den besonderen geologischen und topografischen Verhältnissen haben die Entscheidungsträger der Stadt Tegernsee o.g. Bauprojekt durchgewunken. Sie vertrauten dabei einzig auf ein vom Vorhabenträger A. Greither 2012 in Auftrag gegebenes Baugrund-Gutachten, welches zur Erlangung der Baugenehmigung diente.
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Ein aktuelles, fachgeologisches Gutachten zur Beurteilung der Hangstabilität stellt aber eindeutig fest: Die geologischen Verhältnisse im Bereich des Projektgebietes wurden im Baugrund-Gutachten 20212 überhaupt nicht ausreichend untersucht, um Gefahren für die öffentliche Sicherheit ausschließen zu können. Entgegen den Behauptungen aus 2012 liegen fachlich begründete Hinweise auf „hohe geotechnische Risiken“ des Bebauungsplans Nr. 52, Westerhof vor.
Besonders kritisch ist, dass nicht erkannt wurde, dass sich das Projektgebiet in einem alten, tiefgreifenden Rutschungsgebiet, der Westerhof-Rutschung befindet.
- Der Stadt Tegernsee liegt das fachgeologische Gutachten seit Ende Juli 2023 vor. Nach Vorlage des beunruhigenden Gutachtens hörte man aus dem Tegernseer Rathaus zunächst ohrenbetäubendes Schweigen. Offensichtlich hoffte man, die Angelegenheit einfach aussitzen zu können.
- Nicht mehr ausweichen konnten die Entscheidungsträger dann aber einem detaillierten Fragenkatalog zu den Georisiken des Mega-Bauprojekts. Mit diesem hatte ein engagierter Stadtrat die Verantwortlichen im Rathaus in einer Stadtratssitzung im September 2023 konfrontiert.
- Mindestens ab diesem Zeitpunkt hätte ein verantwortliches Agieren der Tegernseer Entscheidungsträger eine unabhängige Prüfung der Bedrohungslage erfordert. Stattdessen aber landete der Fragenkatalog unverzüglich beim Greither-Gutachter.
- Der von Greither 2012 beauftragte Baugrund-Gutachter hat dann auf den o.g. Fragenkatalog in weiten Teilen leider nicht mit einer fachlich begründeten Stellungnahme geantwortet.
- Das Antwort-Schreiben enthält nichts, was nicht bereits in dem jetzt über 10 Jahre alten Baugrundgutachten aus 2012 behauptet wurde. Bedauerlicherweise ist diese Replik auch im Stil rein polemisch abgefasst und unterstellt dem Fachgeologen, „Ängste“ zu schüren. Inhaltlich hat der Greither Gutachter dem fachgeologischen Gutachten allerdings nichts entgegenzusetzen.
- Öffentlichkeitswirksam flankiert wird dieses Auftreten von dem üblichen lokalmedialem Wohlverhalten. Wenig überraschend wird dabei versucht, das geologische Fachgutachten und dessen Verfasser zu diskreditieren.
2. Fachgeologisches Gutachten: Tiefgreifende Westerhof-Rutschung gefährdet Hangstabilität
Im Folgenden sind die wichtigsten Erkenntnisse des fachgeologischen Gutachtens aus 2023 zusammengefasst:
Der Bereich und Umgriff des Großbauprojektes „Bebauungsplan Nr. 52 Westerhof“ befindet sich in einem alten, tiefgreifenden Rutschgebiet, der sogenannten „WESTERHOF – RUTSCHUNG“ (s. Abb. 1 aus geolog. Gutachten) und weisst deutliche Merkmale einer alten Großmassenbewegung auf:
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Deutlich erkennbarer Abrissbereich mit lokalen Doppelgratbildungen
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Tiefe Erosionsrinnen im zerrütteten Ablagerungsbereich
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Wasseraustritte am unteren Rand der Bewegungsfläche (Bereich Neureuthstraße, Vogelweidestraße und Gelände Hotel Das Tegernsee).
Die Stellungnahme, der von Greither beauftragten Ingenieure, setzt sich mit keinem dieser eindeutig erkennbaren Merkmale auseinander und verneint einfach ohne fachliche Begründung deren Existenz.

Hohes geotechnisches Risiko
Diesem tiefgreifenden Rutschgebiet wird ein hohes geotechnisches Risiko (GK 3)
bestätigt. Das sind die Ursachen:
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Tiefe Baugruben bis 15m; die Böschungen der Baugrubenumschließung werden als rutschgefährdet eingestuft.
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Besonders schwierige Baugrundverhältnisse: Westerhof-Rutschung; wasser-, frost- und erschütterungsempfindliche Ablagerungen.
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Rutschungsgebiete befinden sich innerhalb und oberhalb des Bauvorhabens.
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Die Grundwasser-/Hangschichtwasserverhältnisse sind weitgehend unklar.
- Die Tiefenlinie des anstehenden Felses und dessen Lastaufnahmefähigkeit sind nicht bekannt (mögliche tiefgründige Verwitterung der wechselfesten Tristl- Formation).
- Bei der Baugrunderkundung wurden die Vorgaben der DIN 4020 nicht eingehalten. Der Rasterabstand der durchgeführten Ramm- Kernbohrungen war viel zu groß und entspricht nicht dem Stand der Technik.
- Besondere Gefährdungen der Umgebung entstehen durch eine mögliche:
– Reaktivierung alter Bewegungsebenen,
– Ableiten von Oberflächenwasser,
– Erhöhung der Murengefahr für Unterlieger des Westerhof-Areals.
Ergänzend ist zu erwähnen: In Ermangelung einer hydrogeologischen Untersuchung und Beweissicherung könnten auch Grundwasser- und Quellnutzungsrechte von Unterliegern, bspw. durch das Versiegen von Quellen, beeinträchtigt werden.
Wie man oben in Abb. 1 sehen kann, soll in dieser geotechnischen Risikozone ein Mega-Hotel mit 10 Stockwerken und ca. 40 Höhenmetern entstehen, dessen überdimensionierte Ausmaße u.a. riesige Baugruben von bis zu 15 m Tiefe sowie eine Versiegelungsfläche von 15.000 m2 erfordern.
Bereits die Aushubarbeiten in diesem rutschgefährdeten Bereich mit 15 m hohen Böschungen können eine mögliche Reaktivierung alter Bewegungsebenen und spontane Böschungsabbrüche bedingen, was zu einer erheblichen Gefährdung der Anlieger und der öffentlichen Sicherheit führen kann.
Immer häufiger auftretende Starkniederschläge erhöhen das Risiko mit potenziell katastrophalen Folgen.
In der von Greither beauftragten Stellungnahme sowie, dieser folgend in den lokalen Medien, wird mehrfach behauptet, ohne dafür eine fachliche Begründung anzugeben, dass die Baumaßnahmen die Hangstabilität verbessern würden. Diese Behauptung wird durch nichts belegt. Sie gründet darauf, dass die Greither Stellungnahme irrig davon ausgeht, dass nur die Böschung des Westerhofgrabens rutschanfällig wäre.
Der vom bayrischen Landesamt für Umwelt (LfU) auskartierte Gefährdungsgbereich geht dagegen weit über die Grabenböschung hinaus.
Gerade das Abgraben eines durchnässten Bodens innerhalb eines rutschgefährdeten Bereiches außerhalb der Böschung bedeutet ein erhebliches Baugrundrisko.

Die Abbildung 2, links, wurde vom geologischen Gutachter erstellt. Das Ablagerungsgebiet der Westerhof-Rutschung ist rosa hinterlegt. Der Bereich innerhalb der rot-gepunkteten Linie (aktiver Bereich -> hohe Rutschanfälligkeit) entspricht weitestgehend dem auskartierten Gefährdungsbereich des LfU (Orange vollflächig: Rutschanfälligkeit: Rutschung (Gefahrenhinweis)).
3. Keine Sicherheiten
Im nicht öffentlichen „Durchführungsvertrag“ zwischen der Stadt Tegernsee und Herrn Greither sind keinerlei Bürgschaften oder andere Sicherheiten vorgesehen, die Schäden abdecken, die dadurch entstehen, dass sich das beschriebene, hohe geotechnische Risiko materialisiert.
Was passiert z.B., wenn es zu großflächigen Rutschigen kommt?
Beim Zusammentreffen von Aushubarbeiten in 15 m Tiefe in einer Rutschzone mit einer Extremwettersituation (Starkregen) können solche großflächigen Rutschungen auftreten. Bei der Katastrophe im Ahrtal kam es zu Schäden, die insgesamt deutlich über 20 Milliarden Euro liegen. Auf Schäden in entsprechend angepassten Dimensionen am Neureuth-Berg ist der Bebauungsplan Nr. 52 nicht einmal ansatzweise vorbereitet.
Dem Vorhabenträger ist es gelungen, dem Stadtrat offensichtlich zu suggerieren, dass solche Gefahren nicht vorhanden wären. Das Thema wurde schlicht verdrängt. Anders lässt sich nicht erklären, warum dafür keine Sorge getragen wurde.
Statt klarer Sicht, zieht man den Blindflug vor.

Hinzu kommt:
- Neben den unmittelbaren Defiziten des 2012er Gutachtens betreffend der Georisiken scheinen die Entscheidungsträger der Stadt Tegernsee zudem zu ignorieren, dass die im Gutachten 2012 gemachten Vorschläge zur Baugrubensicherung nur als Empfehlung im Rahmen der Erlangung der Baubewilligung in 2012 zu betrachten sind.
- Empfehlungen haben aber keinerlei rechtliche Bindung. Die Wahl der geotechnischen Maßnahmen während der Bauphasen obliegt dem Statiker und der ausführenden Baufirma. Nicht selten lautet dann aus wirtschaftlichen Gründen die Devise: Schnell & Billig.
4. Maßnahmen-Paket gefordert
Das von Greither in Auftrag gegebene, 12 Jahre alte Baugrund-Gutachten, muss dringend umfassend überarbeitet werden. Folgende Maßnahmen sind gefordert:
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Das Bohrraster muss verdichtet werden, damit vor allem die Wasserdurchlässigkeiten der einzelnen Schichten geklärt werden. Das Bohrraster muss den Anforderungen der DIN 4020 entsprechen.
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Mindestens eine Rotationsbohrung abgetäuft bis zum anstehenden Fels mit besonderen Augenmerk auf Gleithorizonte und des Verwitterungszustandes des anstehenden Felses.
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Aufbau eines hydrogeologischen Untersuchungsprogramms mit einem dichten Raster an Grundwasser-Messstellen innerhalb des Projektgebietes und seiner Umgebung.
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Aufnahme der bestehenden Grundwasser- bzw. Quellnutzungrechte vor allem im Unterhang des Projektgebietes und Aufbau einer hydrogeologischen Beweissicherung.
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Neubewertung der Gefährdung des Projektgebietes durch Hangbewegungen; vor allen eine mögliche Aktivierung alter Bewegungsebenen in der Westerhof-Rutschung durch die Baumaßnahmen und die Erhöhung der Murengefahr im Westerhofbach sind zu evaluieren.
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Festlegung von max. zulässigen Bodenbewegungen während der Bauphase für ein zwingend einzurichtendes geodätisches Messnetz im Projektgebiet und seiner Umgebung, sowie der Einbau von Inklinometern bis zum anstehenden Fels.
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Durchführung einer 2-dimensionalen hydraulischen Abflussberechnung zur Beurteilung der Auswirkungen der Baumaßnahme auf die Umgebung bei Starkniederschlägen (Murengefahr und Überschwemmung von Nachbargrundstücken).
Unter den gegebenen geotechnischen Risiken erfordert dies einen besonnenen und stückweise voranschreitenden Aushub- und Bauvorgang, was eine erhebliche Verlängerung der Bauzeit und einen deutlich höheren Kostenaufwand mit sich bringen würde.