Landschaftsbild, Natur- und Umweltschutz

Ein echtes Schmuckstück

tegernseer tal
Der Bebauungsplan Nr. 52, Westerhof, birgt nicht nur fatale Georisiken, er stellt auch einen massiven Eingriff in das Tegernseer Landschaftsbild dar, mit gravierenden Auswirkungen auf Natur und Umwelt. Die Klimabilanz des Großbauprojektes wird desaströs sein. Ganz entgegen den viel beschworenen Tegernseer Leitlinien. 
 

In diesen Leitlinien möchte die Stadt Tegernsee sich auf die besonderen Qualitäten des Ortes und der umgebenden Landschaft und Natur besinnen, die „Nachhaltigkeit“ sichern und die Einmaligkeit von See, Bergen und Stadtbild mit dem ehemaligen Kloster uns ins Bewusstsein rufen, denn Tegernsee sei ein Schmuckstück. So ist es. Aber wie lange noch?

Dieses Gefälligkeitsprojekt – flankiert von einer abhängigen Lokalpresse – folgt keinerlei städtebaulichen und naturschützenden Interessen. Im Gegenteil. Dieser Riesenkomplex, so er denn umgesetzt wird, wird das einmalige Landschaftsbild von Tegernsee auf unabsehbare Zeit nicht nur verändern, sondern zerstören. Und so fasst auch die Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal zusammen: „….ein kurzfristiger Nutzen für Wenige wird zum Schaden für Viele!“ und appelliert zu Recht:

„Stopp!!! Es reicht! Schluss mit dem Größenwahn in der Kulturstadt Tegernsee!“

Massiver Eingriff ins Landschaftsbild

Bebauungsplan nr 52 tegernsee
  • Der monströse Baukörper wird 1⁄4 des gesamten Sichtfeldes zwischen See und dem Bauprojekt. einnehmen und auch in seiner Gesamthöhe das Ortsbild prägende Tegernseer Kloster über-Trump-fen. Und genau darum geht es natürlich.
  • Dieser riesige, breite und ca. 40 Meter hohe geplante Baukörper ist für den Ort Tegernsee beispiellos. Mit dem Orts- und Landschaftsbild ist er in keiner Weise in Einklang zu bringen.
  • Weder fügt sich der geplante Bau harmonisch in das Landschaftsbild ein, noch ist die Architektur zurückhaltend. Zudem fällt er besonders negativ auf, weil es sich bei dem großvolumigen Bau um das letzte Gebäude handelt, bevor die freie Landschaft beginnt und der Wald des Groß-Tegernseer Berges ansetzt.
  • Selbst der zum Bebauungsplan gehörende Umweltbericht spricht von „nun deutlich umfangreicheren Bauwerken, einschließlich der Erschließung.“
    Diese „lassen erhebliche Eingriffe in die Topographie erwarten und stellen einen deutlichen Eingriff in das Landschaftsbild dar.“ Er führt weiter aus, „dass der geplante Bau aus der Fernsicht nochmal deutlich voluminöser erscheint.“
  • Die „Tegernseer Stimme“ hätte, wenn der Bau nicht von einem ihrer Mitgesellschafter zu verantworten wäre, allen Grund, den Bauherrn als „Beton-Baron“ zu titulieren.
Es stellen sich wichtige Fragen:
 
  1. Warum wird am höchsten Punkt der bebaubaren Fläche der Stadt das höchste Gebäude der Stadt gebaut? Die Tegernseer Leitlinien fordern doch gerade, dass „Größe und Gestaltung der Gebäude sich danach auszurichten haben, dass sie sich zurückhaltend in die Landschaft einfügen, zur Umgebung passen.“
  2. Warum wird diese besonders exponierte Stelle nicht freigehalten, wie an sich im Regionalplan vorgesehen? Warum wird sie nicht wenigstens mit einem allenfalls drei- bis vierstöckigen Gebäude bebaut, das sich besser in die Umgebung einfügen würde?
  3. Warum wird dieser großflächige riegelartige Baukörper unbedingt an einer Stelle errichtet, in dem der bewohnte Raum in die bewaldeten Hänge des Groß-Tegernseer Berges übergeht?
  4. Warum lässt man es zu, dass dieser Komplex das Ortsbild der Stadt Tegernsee seit Jahrhunderten prägende Baudenkmal Kloster Tegernsee verdrängt?
     

    Inhaltliche Antworten bleiben bisher leider aus. Und auch der Umweltbericht konkludiert über etwaige Alternativen, dass diese „nicht dem Anspruch des Grundeigentümers an eine moderne Hotelanlage mit der angestrebten Kapazität genügen und deshalb nicht weiter verfolgt werden…“  Ähnlich attestiert das ja auch die Stadt Tegernsee, wenn sie als einziges „Ziel und Zweck“ in der Begründung zum Bebauungsplan schreibt: „Der Eigentümer  möchte nun das bestehende Hotel durch einen Neubau mit 134 Zimmern (270 Betten) ersetzen.“ Es geht um Ansprüche und Wünsche. Der Umweltbericht und die Stadt Tegernsee entlarven damit beide den Gefälligkeitscharakter dieses Projektes. Landschafts-, Natur- und Umweltschutz bleiben reine Lippenbekenntnisse. 

Natur- und Umweltschutz

Überhaupt, wenn man sich den Umweltbericht einmal in Ruhe zu Gemüte führt, kann man sich nur verwundert die Augen reiben. Dort wird zwar eine Problematik nach der anderen aufgezeigt sowie die bisher zahlreichen, nicht genehmigten Eingriffe des Westerhof Eigentümers Andreas Greither in die Natur aufgezählt, um dann aber nicht die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen. Hmm!

  • Der Umweltbericht hält fest, dass nach dem Bebauungsplan Nr. 26 nur eine maximal zulässige Grundfläche von 2.500 qm versiegelt werden durfte. Tatsächlich sind nach dem Umweltbericht bereits jetzt schon gut 7.000 qm versiegelt. 
  • Anstatt aber die Versiegelung auf das gebotene Maß zurückzufahren, sieht der angegriffene Bebauungsplan vor, dass eine Fläche von bis zu 15.000 qm versiegelt werden darf.  Das entspricht ca. 2 Fußballfeldern!. Damit wird die versiegelte Fläche – im Vergleich zu dem vorher zulässigen Maß – versechsfacht, nicht verdoppelt. 
  • Dies hat gravierende Folgen für das Oberflächenwasser, das so nicht mehr versickern und der Boden nicht mehr als Puffer dienen kann. Der oberflächliche Abfluss wird gesteigert und die Grundwasserspende verringert.

    Der Umweltbericht schreibt hierzu, dass die „…..Bodenfunktion zerstört wird und die Versickerungsleistung zusätzlich eingeschränkt wird.“ 

  • Weiter wird festgestellt, dass versiegelte Flächen die Bedeutung als Lebensraum für Pflanzen und Tiere verlieren sprich: Die Folgen für die Tier- und Pflanzenwelt sind gravierend.
  • Alter Baumbestand wird vernichtet: Wir sprechen hier von mind. 19 Laubbäumen mit einem Stammumfang > 80cm ( Kastanien, Sommerlinden, verschiedene Obstbäume, Rotbuche, Walnussbaum). Gleichzeitig aber wird eine unbedeutende Fichtenreihe unter „Naturschutz“ gestellt. Dies dient aber nur einem Zweck:  Unliebsamen Nachbarn und unbeteiligten Wanderern den Seeblick zu nehmen. Eine von vielen Schikanen des Vorhabenträgers Greither. 
  • All dies wird auch dadurch möglich, dass in einen undurchsichtigen Vorgang der Behörden erneut nicht unerhebliche Flächen aus dem Landschaftsschutz herausgenommen, und dem Status „Sondergebiet Fremdenverkehr/Sanatorium“ zugeführt wurden. Fragen über Fragen.
Regeln sind für andere da
  • Der aktuelle Bebauungsplan Nr. 26 gibt vor, dass der Anteil der befestigten und versiegelten Flächen so gering und so wasserdurchlässig wie möglich zu halten ist. So sind z.B. die Flächen von offenen Stellplätzen wasserdurchlässig zu gestalten. Das aber interessiert Herrn Greither nicht. Die entsprechenden Flächen seines Hotelbetriebs waren und sind vollversiegelt. Konsequenzen? Wir erhöhen einfach die versiegelte Fläche im neuen Bebauungsplan Nr. 52 um das 6-fache. Nicht nur das. Während wir Bürger uns an dem Leitfaden für die Gestaltung von öffentlichen und privaten Freiflächen auszurichten haben, findet die geforderte Wasser-Durchlässigkeit bei der Gestaltung von Freiflächen im neuen Bebauungsplan überhaupt keine Erwähnung mehr.
  • Der Vorhabenträger kann nicht nur eine einfache Fichtenreihe in ein naturschützendes Objekt verwandeln lassen (hellgrün markiert, re unten), er kann auch folgenlos Bäume südöstlich des Westerhofs auf fremden Grundstücken fällen (gelb markiert).
Abbildung: Luftbild vor Fällung, gelb markiert; Quelle: Landratsamt Miesbach

Vor Erwerb durch Dr. Greither

Abbildung: Luftbild vor Fällung, gelb markiert; Quelle: Landratsamt Miesbach
Abbildung: Luftbild nach Fällung, gelb markiert und weiterer Versiegelung; Quelle: Umweltbericht

ca. 5 Jahre später

Abbildung: Luftbild nach Fällung, gelb markiert und weiterer Versiegelung; Quelle: Umweltbericht
  • Der Umweltbericht berichtet auch, dass der Vorhabenträger unzulässig Wege auf dem Areal angelegt hat  „Die bereits vorhandenen Wege im Bereich der bisher festgesetzten Grünfläche bzw. im bisherigen Außenbereich sind zum großen Teil baurechtlich bisher nicht zulässig…“. 

Der neue Bebauungsplan Nr. 52, Westerhof aber belohnt den Vorhabenträger für diese illegalen Eingriffe, indem er die unzulässig angelegten Wege „bei der Eingriffsermittlung“ auch noch anrechnet.

Frei nach dem Motto:

 
„Widde widde witt, wir machen Dir die Welt, wie sie Dir gefällt“.

Klima

Der Klimawandel fordert von uns Bürgern erhebliche finanzielle, zum Teil existentielle Belastungen. Allen Bürgern wird zudem permanent politisch und medial vermittelt, wie wichtig es ist, die persönliche Lebensweise klimaschonend und nachhaltig zu gestalten. Zentrales Instrument dabei ist der CO2 Ausstoß. 

Umso erstaunlicher ist es, dass der Umweltbericht zu dem hier beispiellos in die Natur eingreifenden Bauprojekt lapidar verkündet: „Mit dem Bau und Betrieb des Vorhabens sind keine relevanten klimaschädlichen Emissionen verbunden.“ 

Wie bitte?

Den Landschaftsarchitekten, die den Umweltbericht erstellt haben, ist wohl nicht bekannt, dass allein die Baubranche für knapp 40% der weltweiten Treibhausgase verantwortlich ist. Dazu zählen 

  • graue Energie (Energieverbrauch beim Bau  sowie Herstellung von Baustoffen),
  • Transport von und zur Baustelle,
  •  Abbruch von Gebäuden,
  • Energieverbrauch beim eigentlichen Betrieb der erbauten Gebäude.
Beziehen wir das mal konkret auf die geplante Großbaustelle am höchsten bebaubaren Punkt in Tegernsee:
baulogistik westerhof weg
  • Zwischen 20.000 – 40.000 LKWs /Schwerlast-Transporte werden dann in der Bauzeit von ca. 5 Jahren durch Tegernsee zur hoch gelegenen Baustelle und wieder zurück rollen. Nicht eingerechnet ist hierbei der Bauverkehr für die bereits seit 3 Jahren andauernde „Aufweitung“ der Olaf Gulbransson Straße. Dass die Bauzeit, wie so oft, länger dauern wird, ist wohl anzunehmen. Wir sprechen also von ca. 1 Jahrzehnt Bau- und Schwerlastverkehr, welcher zum bisher bestehenden Verkehr (Anwohner, Handwerker, Post & Lieferanten, Neureuth-Wanderparkplatz & Tagestouristen, Gaststätte Lieberhof und geplantes Almdorf) hinzukommen.
  • Neben dem jahrelangen Schwerlastverkehr zählt auch zur Klimabilanz  der Abriss der Bestandsgebäude sowie der eigentliche gigantische Neubau mit den notwendigen Baumaschinen und dem Ressourcenverbrauch beim Bau (graue Energie).
  • Und schliesslich der Betrieb mit seinen direkten und indirekten Emissionen (Heizung/Klimaanlage, Strom, Kühlmittel, Reinigung & Instandhaltung, Lieferdienste, Taxifahrten usw. usw.). Dabei ist die CO2 Bilanz eines Hotels abhängig von Lage und Klassifizierung. 5 Sterne-Hotels haben mit Abstand die schlechteste Klimabilanz. Aufgrund der Lage des geplanten Hotels kommen so gut wie alle Gäste mit dem eigenen PKW und nutzen diesen auch, wenn sie während des Aufenthalts im Tal Essen gehen oder andere Ausflüge machen.    
  • Die CO2 Bilanzierung einer Hotelübernachtung beinhaltet für die einzelnen Gästezimmer Energieverbrauch, Wasserverbrauch, Abwasserentsorgung und Abfallentsorgung. Je mehr Zimmer und je größer, desto schlechter die CO2 Bilanz.
  • Hinzu kommt bei dem Hotelprojekt „Westerhof“ der schier kolossal große Spa- und Wellnessbereich von sage und schreibe 3.500 qm2. Bei einer erwarteten Auslastung von 70% stehen dann jedem Gastzimmer nochmals ca. 37 qm Spa-Raum zu Verfügung. Auch diese Flächen müssen  beheizt/gekühlt, gereinigt, beleuchtet, in Stand gehalten werden.

Die Klima-Bilanz dieses Mammut-Projektes ist desaströs und strotzt nur so vor Verschwendungssucht. Sie ist ein Schlag ins Gesicht aller Bürger, die ihren Beitrag zu einer klimaschonenden Zukunft leisten (müssen). 

Als vorläufig letzte Überlegung zu dem Thema sei gestattet:
 

Der Umweltbericht erfasst den aktuell verabschiedeten Bebauungsplan Nr. 52, dessen bedeutende letzte Änderung sich darauf bezieht, dass nun ausschliesslich Hotel-Übernachtungsgäste die Einrichtungen des Hotels (Restaurant, Veranstaltungsräume, Spa etc.) nutzen dürfen. Der Umweltbericht hält demnach auch fest: “ Im Hotel sind bis zu 270 Gästebetten in 134 Zimmern …vorgesehen. ….Ein großzügiger Wellnessbereich, Gastronomie und Tagungs-/ Seminarräume jeweils ausschließlich für Hotelgäste ergänzen das Angebot.“

Wieso aber stellt der Umweltbericht dann nicht die offensichtliche Frage: Warum werden jetzt die völlig überdimensionierten Planungen nicht auf ein vernünftiges, auf die Hotelgäste zugeschnittenes Maß zurückgefahren? 

Wieso benötigt man für 190 Gäste (entsprechend dem Bebauungsplan angenommene durchschnittliche Auslastung von 70% von max. 270 Gästen)

  • an die 650 Gastronomieplätze,
  • einen 3.500 qm Spa/Wellnes Bereich, 
  • zwei Ladengeschäfte von je 80 qm
  • einen überwitzig großen Veranstaltungsbereich (für bis zu 430 Personen)?


Es liegt doch auf der Hand, dass, wenn man das Projekt überhaupt noch verfolgen wollte, Umwelt- und Klimagründe es veranlassen, die Hoteleinrichtungen auf eine für maximal 270 Personen (bei 100% Auslastung) zugeschnittene Größenordnung zurück zu entwickeln. Das hätte erhebliche, positive Auswirkungen auf den Flächenverbrauch, die Gesamt-Versiegelung, Landschaftsschutz und natürlich die Klimabilanz. 

Die Tatsache, dass solche naheliegenden Gedanken im Umweltbericht nicht auftauchen, belegt einmal mehr den Gefälligkeitscharakter des Berichts und der gesamten Planung und es stellt sich die berechtigte Frage:

Soll hier etwa durch die Hintertür – entgegen dem verabschiedeten Bebauungsplan – eine extensive Nutzung der Hoteleinrichtungen durch externe Gäste vorbereitet werden, um die maximale Profitausschöpfung für eine einzige Person zu ermöglichen, zum Nachteil von Natur und Umwelt und vieler, vieler Menschen? 

oekologischer fussabdruck tegernsee